Transformation auf Steroiden - wie KI die Unternehmenskultur verändert

Sebastian Purps-Pardigol spricht mit Host Swantje Grossert darüber, welche Muster Unternehmen helfen, Kulturwandel zu gestalten, Mitarbeitende mitzunehmen und in Zeiten radikaler KI-Entwicklung resilient zu bleiben.

Kaum ein Thema entwickelt sich so rasant wie Künstliche Intelligenz – und kaum eine Entwicklung stellt Unternehmen vor größere Fragen: Wie schaffen wir es, unsere Mitarbeitenden mitzunehmen? Wie bleiben wir stabil, während die technologische Welt um uns herum explodiert?

Sebastian Purps-Pardigol ist Bestsellerautor (Führen mit Hirn, Digitalisieren mit Hirn, Leben mit Hirn), Keynote-Speaker und international gefragter Experte für Unternehmenskultur. Gemeinsam mit Host Swantje Grossert spricht er darüber, welche Muster erfolgreiche Kulturwandelprozesse prägen – von Verbundenheit über Mitgestaltung bis hin zu Sinnhaftigkeit.

Wir erfahren, wie Unternehmen wie die Otto Group oder Phoenix Contact ihre Kultur so weiterentwickelt haben, dass sie Veränderungen als Chance nutzen konnten. Und warum es gerade jetzt Führungskräfte braucht, die glaubwürdig kommunizieren, Orientierung geben und Resilienz in ihren Teams aufbauen.

Eine Episode voller Praxisbeispiele, neurobiologischer Einblicke und Impulse für alle, die Organisationen in Zeiten von KI und radikalem Wandel zukunftsfähig machen wollen.

Takeaways

In dieser Folge erfährst du:

  • warum die rasante Entwicklung von Künstlicher Intelligenz Unternehmenskultur mehr denn je herausfordert,
  • welche neurobiologischen Prinzipien zeigen, wie Menschen Veränderungen annehmen – oder blockieren,
  • wie Unternehmen wie die Otto Group und Phoenix Contact ihre Kultur so weiterentwickeln, dass sie den KI-Turbo nutzen können,
  • warum Verbundenheit, Sinn und Mitgestaltung entscheidend sind, wenn Veränderungen gelingen sollen,
  • welche Rolle regelmäßige, glaubwürdige Kommunikation von Führungskräften in Zeiten radikalen Wandels spielt,
  • wie Organisationen Resilienz aufbauen und dadurch Stabilität im KI-Zeitalter gewinnen.

In diesem Podcast...

Sebastian Purps‑Pardigol 

Bestseller-Autor, Coach, Keynote-Speaker

Sebastian Purps‑Pardigol vereint wissenschaftliche Neugier und praktische Führungserfahrung in einem beeindruckenden Werdegang: Nach einem medizinischen Studium in Hannover und Jahren als Journalist entwickelte er digitale Geschäftsfelder bei Sony Music, leitete global Teams bei Ericsson und prägte Diversifizierungsstrategien bei Swisscom – bevor er sich 2008 selbstständig machte als Coach und Organisationsberater. Seine Bücher – darunter Bestseller wie Führen mit Hirn, Digitalisieren mit Hirn und Leben mit Hirn – zeigen praxisnah, wie Führung, Kulturwandel und Digitalisierung besonders gut gelingen, wenn sie neurobiologisch fundiert und menschlich verankert sind.

 

Swantje Grossert

Content Marketing Managerin und Head of Operations, digit.ly GmbH

  • SEO-Texterin
  • Spezialistin Content Marketing und Content-Marketing-Strategien
  • Speakerin im Rahmen von Seminaren für die GenoAkademie und t3n zum Thema KI & Content Marketing 
Transkript


[Swantje Grossert]
Unser heutiger Gast ist Sebastian Purps-Pardigoll. Er ist Bestseller, Autor, Keynote-Speaker und Experte für Unternehmenskultur. Er hat mit seinen Büchern Führen mit Hirn und Digitalisieren mit Hirn gezeigt, wie wir neurobiologische Erkenntnisse nutzen können, um Unternehmen zukunftsfähig zu machen.

[Intro]
B2B-Marketing Rules. Wir sprechen über Digitalmarketing, Vertrieb und die besonderen Herausforderungen in B2B-Unternehmen. Dabei lassen sich unsere ExpertInnen und Gäste in die Karten schauen und geben Einblicke in die B2B-Marketing-Praxis.

Dieser Podcast wird präsentiert von Digit.ly, der B2B-Digitalagentur. B2B-Marketing Rules.

[Swantje Grossert]
Sebastian, schön, dass du da bist.

[Sebastian Purps-Pardigol]
Sehr gerne, warm ist es hier heute.

[Swantje Grossert]
Das stimmt, aber zum Glück nicht viel zu kalt. Deine Bücher tragen ja bisher zumindest alle im Titel auch den Zusatz mit Hirn.

[Sebastian Purps-Pardigol]
Ja.

[Swantje Grossert]
Was steckt denn für dich hinter dieser Formel?

[Sebastian Purps-Pardigol]
Also das nächste Buch, was kommen wird, das hat nicht mehr mit Hirn im Titel. Das waren die ersten drei. Und die Idee dahinter war, also ich habe ja mit dem Neurowissenschaftler Gerald Hütter im Jahr 2011 eine Initiative gegründet, die heißt Kulturwandel in Unternehmen.

Und wir haben uns damit beschäftigt, nach was für Mustern Mitarbeiter oder nach was für Mustern diese Unternehmen besonders gute Unternehmenskulturen entwickelt haben. Und in den ersten Jahren haben wir ja einfach nur analysiert und publiziert, was wir da so sehen konnten. Und irgendwann dachte ich mir so, Mensch, es gibt ja immer wieder kehrende Muster.

Und durch die Zusammenarbeit mit Gerald hatte ich natürlich eine etwas neurowissenschaftlich geprägte Perspektive und konnte dann aus einer neurowissenschaftlichen Sicht diese Muster sehr gut erklären. Und daraus entstand dann irgendwann der Gedanke zu sagen, okay, wenn es bestimmte Muster, die dazu führen, dass Unternehmen besonders gute Kulturen entwickeln, wenn man diese Muster immer wieder sehen kann und auch noch aus der Neurowissenschaft beschreiben kann, und ich dann diese Idee hatte, ein Buch zu schreiben. Wie wäre es denn, wenn man das Ganze dann einfach mit Hirn nennt?

Und das ist so ein bisschen der Hintergrund. Also was ich ja tue in meinen Büchern, ist, bestimmte Muster aus der Sicht der Hirnforschung zu beschreiben. Also im ersten Buch, Führen mit Hirn, die Frage, wie muss ich führen?

Im zweiten Buch, Digitalisieren mit Hirn, geht es darum, wie müssen wir in Phasen von Wandel mit unseren Mitarbeitenden umgehen, aus einer neueren Perspektive. Und in dem dritten Buch, Leben mit Hirn, geht es um die Frage, wie kann ich in herausfordernden Zeiten innerlich stabil und resilient bleiben, beschrieben aus der Sicht der modernen Hirnforschung.

[Swantje Grossert]
Ja, super spannend, gerade weil ja momentan auch schon wieder ein Wandel stattfindet, gerade durch die KI, die Einzug findet oder schon längst gefunden hat in vielen Bereichen. Du hast gerade von Mustern erzählt. Kannst du uns da kurz einen Einblick reingeben, welche das konkret sind?

[Sebastian Purps-Pardigol]
Oh, da gibt es ganz viele. Da gibt es ein ganzes Bücherzug von mir. Reden wir mal so über zwei, drei Muster.

Also es gibt ein neurobiologisches Grundbedürfnis, das wir alle in uns tragen. Das ist das Bedürfnis nach Verbundenheit. Das beginnt im Grunde genommen schon in der Zeit, wo wir im Bauch unserer Mutter heranwuchsen.

Und was geschieht, wenn unsere Verbundenheit verloren geht, dann interpretiert unser Gehirn das wie körperlichen Schmerz. Auf der anderen Seite, wenn wir Verbundenheit spüren, erhöht sich unser Engagement, unsere Bereitschaft uns einzubringen signifikant. Verbundenheit ist so etwas wie eine Primärbelohnung, könnte man sagen.

Und in einem Unternehmenskontext ist es wichtig, diesen Aspekt von Verbundenheit auf dem Schirm zu haben. Das hat man insbesondere in der Covid-Zeit gesehen, als viele Leute im Homeoffice waren. Und etwas, was vorher automatisch stattfand, dass man seinen Kollegen in der Kaffeepause oder beim Mittagessen irgendwo sieht, da war ja eine automatische Verbundenheit da.

Und die ging plötzlich verloren. Und in dieser Zeit haben mich viele Führungskräfte gefragt und gesagt, was können wir denn konkret tun, um das Maß an Verbundenheit zwischen unseren Mitarbeitenden wieder zu stärken. Also Verbundenheit ist ein ganz wesentlicher Aspekt, der wichtig ist.

Und deswegen empfehle ich, wenn man sagt, wir haben wenig Ressourcen, wir haben wenig Zeit, wir haben wenig Budget, wenn es nur eine Sache gibt, die man machen könnte, um die Kultur in unserem Team oder unserer Organisation zu verbessern, dann empfehle ich immer, an der Feedbackkultur zu arbeiten. Also jetzt nicht 360 Grad Feedback, sondern in einer Feedbackkultur meine ich dieses situative Feedback, was ich einem anderen Menschen gebe in meinem Arbeitsumfeld. Denn eine Feedbackkultur ist eines der stärksten Tools, das man nutzen kann, um das Maß an Verbundenheit zwischen Menschen zu stärken.

Das wäre so eins. Ich könnte jetzt lange weiterreferieren, aber dann rede nur ich.

[Swantje Grossert]
Ja, aber du hattest gesagt, du würdest vielleicht zwei, drei vorstellen.

[Sebastian Purps-Pardigol]
Also ein oder zwei. Der zweite wesentliche Aspekt ist der Aspekt von Mitgestaltung. Mitgestaltung ist im Grunde genommen, könnte man sagen, auch ein Ausdruck eines neurobiologischen Grundbedürfnisses.

Im Grunde genommen haben wir zwei Dinge. Wir haben einmal diesen Aspekt von Verbundenheit und dann haben wir den anderen Aspekt von Wachstum. Wachstum gehört einfach in die Natur.

Wenn wir uns beispielsweise die Pflanzenwelt anschauen, sehen wir ständigen Veränderungen, ständigen Wachstum. Genauso ist es auch mit uns Menschen. Gerade in diesen ersten Jahren machen wir die Erfahrung, dass wir körperlich über uns hinauswachsen mit unseren Fähigkeiten.

Und je älter man wird, desto mehr verändert er sich in andere Bereiche. Das ist nicht mehr das körperliche Wachstum, aber es ist dieses Ich-Ich-Kann-Mitgestalten. Und wenn dieser Aspekt von Mitgestaltung irgendwann limitiert wird, das kann man sehen.

In vielen verschiedenen Studien hat das einen signifikanten Einfluss auf die körperliche Gesundheit von Menschen. Und was wir sehen, gerade in Phasen von Wandel, ist, dass der Aspekt von Mitgestaltung mehrere Aspekte hat. Das eine ist, wenn ich mitgestalten kann, wird dieses Grundbedürfnis von mir erfüllt.

Und wir können sehen, dass diese Menschen in solchen Momenten mehr Zugriff haben auf ihre höheren kognitiven Fähigkeiten. Das zweite ist, dass ich mich mehr mit dem identifiziere, was ich dort mache. Also ich habe ein größeres Bei-In.

Und das dritte ist, dass gerade in Phasen von Wandel, wo Menschen gerne auch mal in so etwas wie eine neuronale Übererregung oder eine Unruhe oder eine Angst reinrauschen, dass Mitgestaltung etwas ist, was eine neuronale Übererregung stark reduziert. Also das Gefühl, Einfluss nehmen zu können, hat eine stark beruhigende Wirkung auf mein Gehirn. Und deswegen empfehle ich, gerade in Phasen von Veränderung, Menschen viel mitgestalten zu lassen.

Zum einen, weil es wunderbar ist für das, was im Kopf der Menschen geschieht. Und zum anderen, das sehen wir immer wieder, dass oftmals die Triebfeder für Kulturwandelprozesse sind. Und ganz, ganz oft ist es Pain.

Das heißt, die Unternehmen merken, wir sind mit Situationen konfrontiert, die wir als Eigentümer oder wir als Management-Team nicht mehr alleine gemanagt bekommen. Beispiel die Otto-Group in Hamburg. Die hatten 2014, 2015 hatten die eine Situation, wo sie merkten, das war das allererste Mal, dass sie tief in den roten Zahlen waren.

Und das Management-Team, die Eigentümerfamilie, merkte, wir kriegen das Schiff dann nicht allein wieder raus, navigiert aus diesen stürmigen Gewässern. Und dann haben sie einen Prozess begonnen, der heißt inzwischen Kulturwandel 4.0. Und Benjamin Otto, ein Mitglied der Eigentümerfamilie, stand vor seinen ganzen Mitarbeitenden, einen Teil live und der Rest über Videostreams, und hat davon berichtet, dass er gesagt hat, wir sind in einer echt schwierigen Phase. Und die einzige Chance, die wir sehen, ist, dass wir euch mitgestalten lassen, liebe Mitarbeitende, an der Zukunft unseres Unternehmens.

Und dann haben sie, das waren jetzt nicht nur schöne Worte, sondern sie haben Prozesse und Strukturen erschaffen, die dazu führten, dass wenn irgendjemand eine gute Idee hatte, dass diese Idee auch irgendwann dort landete, wo Entscheidungen getroffen wurden. Und aus dieser Zeit heraus sind viele tolle Projekte entstanden. Also aus dieser Zeit heraus zum Beispiel About You entstanden.

Oder ein anderes Beispiel, Phoenix Contact. Wir sind hier in Hannover. Wenn du jetzt einfach mal in die S5 steigst und für eine gute Stunde Richtung Westen fährst, landest du in Ostwestfalen, middle of nowhere in Blomberg.

Und da gibt es halt noch ein großes Unternehmen, das ist Phoenix Contact. Und die hatten das 2008, 2009, da standen die auch mit dem Rücken zur Hand. Phoenix Contact produziert viel für die Automotive-Industrie.

Und die Automotive-Industrie stand echt schlecht da 2009, nachdem wir diese Lehman Brothers-Pleite hatten und diesen ganzen Domino-Effekt. Und die haben damals auch gesehen, okay, wir müssen Einsparungen machen. Aber anstatt dass das Management-Team das entschieden hat, haben sie ihre Mitarbeitenden, hat der immer noch gesagt, schaut mal, das ist die Summe, die wir sparen müssen.

Und schaut ihr mal, wo ihr das hinbekommt. Und das war eines der innovativsten Jahre, interessanterweise für das Unternehmen und zeitgleich vom Cashflow eines der besten Jahre. Und da gibt es viele Beispiele, die immer wieder zeigen, dass das Mitgestalten lassen durch die Mitarbeitenden einfach zu Resultaten führt, die viele Management-Teams alleine sonst nicht hinbekommen würden.

Das ist ein zweiter Aspekt von Mitgestaltung. Du willst noch einen dritten, hast du nicht? Überlegen wir mal.

Also ein Aspekt, gerade in Phasen von Veränderung, gerade in Phasen von Transformation, ist einer der wichtigsten Aspekte, der Aspekt von Verstehbarkeit, Sinnhaftigkeit. Warum machen wir, was wir hier machen? Und es gibt ganz schöne Studien, die zeigen, dass Menschen mit einem und demselben Stressor innerlich komplett anders umgehen, je nachdem, wie sie diesen Stressor innerlich anders verarbeiten.

Also ich kann dich in den Hirnscanner legen, zeige dir einen und denselben Stressor und gebe dir dann aber verschiedene Arten und Weisen, wie du damit innerlich umgehst. Und ich kann eine komplett andere neuronale Aktivität sehen. Also manchmal bist du total in einer Übererregung und manchmal sehe ich eine ganz starke Beruhigung deines Hirns.

Und alles nur deswegen, weil du die Bedeutung des Stressors veränderst. Und das bedeutet für Organisation, dass es ganz wichtig ist, dass die Führungskräfte in Phasen von Wandel, von Transformation ganz oft kommunizieren, was tun wir hier und warum tun wir es, damit die Menschen dem, was da gerade geschieht, nicht beginnen, automatisch eine ungünstige Bedeutung zu geben. Dann ist eine Tendenz, eine Pionierin des Change Managements sagte es mal ganz schön, sie sagte, in Phasen von Unsicherheit geben Menschen den wenigen Informationen, die sie haben, die höchst pathologischste Bedeutung.

Sie sagte, verknüpfen Menschen die wenigen Informationen, die sie haben, auf die höchst pathologischste Art und Weise. Also entsteht so Kopfkino. Und deswegen ist es so wichtig, dass die Chefs, dass die Führungskräfte mit ihren Mitarbeitenden reden.

Und das ist wie mit dem Zähneputzen. Es lohnt sich das regelmäßig. Das ist manchmal Führungsarbeit und Kindererziehung, da gibt es ganz eine Menge Parallelen.

Aber auch bei Kindern muss man manche Dinge ganz, ganz oft sagen und ähnlich ist es bei Mitarbeitenden. Und das hat einfach damit zu tun, dass wenn ich mit meinen Mitarbeitenden kommuniziere, ich ja nie weiß, wo stehen die gerade in der Ecke. Dann können die über das, worüber ich gerade rede, erstens hören die mir wirklich zu oder sind sie vielleicht in Gedanken gerade noch in ihrem Projekt oder mit irgendwas anderem aus dem Alltagsbusiness beschäftigt und denken sich, gut, jetzt gibt es mal wieder eine Mail oder jetzt gibt es mal wieder ein All-Employees-Meeting.

Also ich werde immer Leute haben, die sind auch ganz woanders. Dann wird es Leute geben, die hören vielleicht zu, aber die durchdringen noch nicht so wirklich, was das bedeutet. Und dann gibt es einen kleinen Teil, die verstehen, was du mir da gerade sagst.

Und es gibt so eine schöne Metapher, dass man sagt, man könnte sich so eine Organisation vorstellen wie einen Zug, wie so ein ICE, der durch einen Tunnel fährt. Und ich als Schaffner erzähle ich dann, Tunnel voraus und Lichter gehen gerade nicht, es kann ein bisschen dunkel werden. Und die Leute, die ganz hinten am Zug sitzen, denken, was für ein Tunnel, wovon redet der denn?

Dann hast du die Menschen, die sind kurz vorm Tunnel und denken, oh, okay, jetzt wird es dunkel, jetzt weiß ich, warum. Dann hast du die Menschen, die sind im Tunnel, die fragen sich schon die ganze Zeit, warum es dunkel ist. Da sage ich, ach, jetzt weiß ich, warum.

Und dann hast du die Leute, da ist der Zug schon durch. Die denken sich, was für ein Tunnel, der ist doch schon längst hinter uns. So ähnlich kannst du dir eine Organisation vorstellen.

Du wirst Menschen in verschiedenen Teilen dieses Zugs haben. Und deswegen ist es so wichtig, zu kommunizieren und regelmäßig zu kommunizieren und manchmal vielleicht auch zehnmal das Gleiche zu verschiedenen Zeitpunkten zu sagen, weil du jedes Mal ein paar Prozentpunkte mehr von den Menschen erreichen wirst. Das ist einer der wichtigsten Aspekte in Phasen von Transformation, die Kommunikation.

Was tun wir hier und warum tun wir es? Idealerweise, und das ist nicht nur so süß, eine Geschichte, in einer Organisation wirklich toll gemacht, da haben sich das Führungsteam hingesetzt und haben Videos gedreht für Mitarbeiter, haben das rumgeschickt. Und dann haben die irgendwann festgestellt, nach ein paar Wochen, dass 90 Prozent der Mitarbeitenden an ihrem Computer keine Lautsprecher hatten.

[Swantje Grossert]
Ja, kann im Zug ja auch mal vorkommen, dass die Durchsage ausfällt.

[Sebastian Purps-Pardigol]
Oder ein anderes Positivbeispiel, der Heizungshersteller Fisman, die sich damals mit ihrer Transformation beschäftigten, hat mir erzählt, sie haben natürlich festgestellt, dass viele der Menschen, die in der Fabrik arbeiten, die haben keinen Computer. Das heißt, sie haben ein tolles Intranet, aber keine Devices, wie die Menschen das bekommen können. Und die haben einfach damals eine App entwickelt, ich glaube, die hieß V2Go.

Und worum es ging, ist, dass sie mit dieser App plötzlich die Menschen über ihr Handy erreichen konnten und die Response der Kommunikationschef sagte mir das damals. Ich glaube, die Zahl war vor zehn oder vor zwölffach. Also zwölfmal mehr Rückmeldungen zu den Dingen, die sie heraus kommuniziert haben, seit sie diese App hatten.

Manchmal ist es gar nicht der Wille, sondern manchmal ist es einfach die Technik, die auch fehlt.

[Swantje Grossert]
Ja, nachvollziehbar. Ich würde noch mal gerne auf das Bild mit dem Zug zurückkommen. Und im Zug kommt ja meistens genau die große Ansage vom Schaffner, die aber vielleicht nicht von jedem gehört wird.

Manche haben vielleicht Kopfhörer auf oder lesen, schlafen. Das heißt, ich habe ja an jeder Stelle auch welche, die mehr oder weniger Informationen mitbekommen und die zu unterschiedlichen Zeitpunkten dann auch realisieren. Übertragen auf das Unternehmensbild.

Welche anderen Kommunikatoren kann es denn geben, die dann zum Beispiel diejenigen noch abholen, die eben die große Durchsage nicht mitbekommen haben? Oder die eben auch sagen, ja, schön, dass das gerade kam. Von ganz oben sozusagen.

Aber ich lehne mich erst mal zurück.

[Sebastian Purps-Pardigol]
Es darf nicht nur von ganz oben kommen. Das ist ganz wichtig. Du kannst jetzt nicht sagen, unser CEO kommuniziert, sondern jede einzelne Führungskraft ist in der Verantwortung dafür zu sorgen, dass die Menschen, für die sie verantwortlich ist, dass sie kommuniziert.

Wenn ich mit Führungskräften, mit Unternehmen arbeite, ist es ja nicht so, dass ich dann immer nur mit dem Managementteam arbeite, sondern ganz oft arbeite ich mit der gesamten Führungsmannschaft. Manchmal schicken sie dann zu meinen offenen Trainings hier in der Lüneburger Heide einige Protagonisten, die für den Kulturwandel verantwortlich sind. Das eine ist, mindestens jede Führungskraft sollte verantwortlich sein.

Es kommt immer darauf an, wie groß die Organisation ist und wie viel Energie möchte ich in diesen Veränderungsprozess reingeben. Idealerweise hast du dann zum einen die Führungskräfte und du hast aber auch Change-Verantwortliche, die dieses Wissen in die Organisation reintragen. Es müssen aber auch nicht immer Change-Verantwortliche sein.

Ich habe ja gerade über Phoenix Contact gesprochen. Die hatten damals eine Funktion entwickelt, das war wie eine Schattenorganisation. Das waren die sogenannten Trust-Prozessbegleiter.

Das waren Menschen, die jetzt parallel zu der klassischen hierarchischen Struktur darin beteiligt waren, die Veränderung in die Organisation zu tragen in beide Richtungen. Warum in beide Richtungen? Ganz oft haben wir das ja so, dass gerne Dinge ausgefiltert werden.

Wenn jemand in der dritten oder vierten Führungsebene was hört von seinen Mitarbeitenden, kommt das wirklich nach ganz oben. Diese Trust-Prozessbegleiter waren wie eine Abkürzung. Die hatten direkten, regelmäßigen Kontakt zu der obersten Führungsmannschaft und haben zum einen die Informationen aus der Organisation zum Top-Management getragen.

Auf der anderen Seite haben sie aber auch dafür gesorgt, dass das Wissen von oben dort ankam. Dort ankam, wo es ankommen sollte. Ganz oft, und das hat ja auch immer was damit zu tun, wer sagt mir was.

Bei meiner Führungskraft kann ich immer noch denken, okay, die hat eine bestimmte Agenda oder der verschweigt mir was. Je nachdem, ich mache eine Beziehung zu ihm oder ihr. Wenn ich dann aber so einen Trust-Prozessbegleiter habe oder einen Change- Verantwortlichen oder andere Menschen, die das vorantreiben, haben die eine größere Glaubwürdigkeit für mich.

Und worum es auch geht, was ich sehr empfehle, ist, wenn wir uns in einer Phase von Transformation befinden und man genügend Ressourcen hat, das gut zu begleiten, dann hat man ja auch immer Menschen, die idealerweise darüber kommunizieren. Du hast immer irgendwelche Leute aus der Com-Abteilung dabei. Dann geht es immer darum zu schauen, wo sind die ersten Erfolge, wo sind die ersten Leuchttürme, über die wir berichten können.

Und dann zu hören, die Svenja hat gerade die und die Erfahrung gemacht, das ist ja total toll, wenn es bei ihr funktioniert, vielleicht funktioniert es auch bei mir. Also das ist nicht nur einer kommuniziert von oben, sondern idealerweise von mehreren Seiten regelmäßig und auch Menschen, zu denen ich ein Großmaß an Vertrauen habe. Also idealerweise, es gibt ja immer so die Multiplikatoren und jeder weiß, wer das ist in der Organisation.

Es gibt die Menschen, auch die wird gehört und es müssen nicht immer Führungskräfte sein, sondern es können irgendwelche Menschen sein, die einfach eine Begabung haben, mit anderen zu sprechen. Hilfreich, manchmal kommt es darauf an, wie die Beziehung ist. Es ist auch dem Betriebsrat gut, mit einzubinden und auch den als Multiplikator zu haben.

Aber das ist tatsächlich von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Manchmal gelingt das wunderbar und manchmal etwas weniger.

[Swantje Grossert]
Interessant. Du hast ja schon einige Unternehmen begleitet in Veränderungsprozessen. Jetzt kommt dieser KI-Boom.

Jetzt kommen mehr und mehr noch KI-Agenten dazu. Ich würde mal die These mit aufstellen oder nicht nur die These, ich beobachte es auch selbst, dass nicht jedem Mitarbeitenden das immer gelingt, dieses KI mitzugehen, zu nutzen für seine Arbeit. Eventuell stehen noch Ängste dahinter, dass der eigene Arbeitsplatz gefährdet ist.

Wie können Unternehmen damit umgehen? Oder besser gesagt auch, stellst du noch mal fest, dass da jetzt noch mehr notwendig ist als vorher, als die Punkte, die du schon erwähnt hast von Kommunikation und Mentoren auch zu finden, sozusagen intern?

[Sebastian Purps-Pardigol]
Die Geschwindigkeit ist noch mal höher. Also im Grunde genommen, Gerald und ich haben ja im Jahr 2011 angefangen, uns mit Kulturwandel zu beschäftigen. Wir haben damals festgestellt, dass wir lange, lange suchen mussten, um Unternehmen zu finden, wo wir sagen, da waren jetzt messbar zufriedenere, messbar gesündere, messbar loyalere Mitarbeitende, durch die die Unternehmen dann noch besonders gut über sich hinauswuchsen.

Das war in den ersten Jahren echt eine Herausforderung, wo wir sagten, es lohnt sich, über die zu berichten. Im Jahr 2016, 17, 18, haben wir dann festgestellt, dass es plötzlich eine neue Triebfeder gibt für Kulturwandel und diese neue Triebfeder war die digitale Transformation. Mit digitaler Transformation meine ich jetzt nicht Digitalisierung von bestehenden Prozessen, sondern mit digitaler Transformation meine ich, es passiert etwas in der Außenwelt, was so unglaublich schnell ist.

Nehmen wir ein Beispiel. Wenn ich in einem Versicherungsunternehmen arbeite und ich sehe plötzlich, dass Amazon in dieses Geschäft einsteigt oder ich bin Fisman beispielsweise und ich sehe, dass Google auf der anderen Seite des Atlantiks eine Firma kauft, die heißt Nest, dann kann ich sehen, dass da am Horizont etwas aufrollt, was gefährlich für mich sein kann. Und das, was in der Außenwelt passierte, passierte mit einer zu damaligen Verhältnissen ziemlich schnellen Geschwindigkeit, was dazu führte, dass die Unternehmen viel, viel schneller agieren mussten als zuvor und festgestellt haben, dass mit den bestehenden Strukturen und Prozessen sie einfach zu langsam sind.

Das heißt, die Art und Weise, wie sie miteinander zusammenarbeiten innerhalb der Organisation musste sich signifikant verändern und das war die Triebfeder dafür, dass Unternehmen, die die eigene digitale Transformation gut meistern wollten, dass die sich auch mit der eigenen Kultur auseinandersetzen. Und jetzt haben wir das Ganze nochmal, nur einfach viel, viel schneller. Die Veränderung, die gerade stattfindet, ist exponentiell hoch und das Bedrohliche an dieser Stelle für mich als Mitarbeitenden und für mich als Unternehmen ist, dass plötzlich Geschäftsmodelle für manche Unternehmen vielleicht wegbrechen, weil sie durch KI ersetzt werden können.

Das ist ja jetzt schon der Fall. Das heißt, das ist für mich als Unternehmen schwierig und das Zweite, was für mich als Mitarbeiter schwierig ist und das hast du ja gerade genannt, ist die Frage, fällt irgendwann mein Arbeitsplatz weg. Das heißt, wir haben sowohl von außen als auch von innen jetzt eine Bedrohung und die ist noch größer im Grunde genommen als das, was wir damals mit der digitalen Transformation erlebt haben.

Und genau die gleichen Aspekte, über die ich schon gesprochen habe, die werden einfach noch mal relevanter. Und was es braucht, ist eine ganz, ganz offene Kommunikation damit. Wo stehen wir eigentlich als Organisation?

Was bedeutet das für uns? Und das Allerwichtigste, das fand ich so schön, beispielsweise, es gab ja damals, als wir anfingen, uns mit Kulturwandel zu beschäftigen, gab es im Grunde genommen so, eine Triebfehler war Pleasure. Also es waren manchmal ganz wenige Unternehmen, die sagten, wir haben eine Idee, wie es sein könnte.

Und deswegen verändern wir uns. Das waren dann meistens die CEOs, die das vorangetrieben haben. Grund Nummer 2, der Hauptgrund, Pain, stand am Rücken zur Wand, wie Phoenix Contact oder wie die Otto Group oder ein paar andere.

Und dann gab es manche Unternehmen, die hatten Antizipation. Max Fissmann beispielsweise, als der damals in sein Unternehmen, also sein Vater, Martin Fissmann, hatte ihn dann, als das ganze Thema digitale Transformation begann, hat Max mir mal erzählt, dass sein Vater ihn dann anrief und sagte, Max, ich weiß nicht, wie ich diese digitale Transformation stemmen kann, kannst du zurückkommen. Also Max war damals außerhalb des Unternehmens unterwegs.

Und Max hat einfach antizipiert, also damals war keine wirkliche Bedrohung da, aber er wusste, was rund um die Welt passiert. Er wusste, wenn wir uns nicht verändern, dann stehen wir irgendwann mit dem Rücken zur Wand. Und diese Antizipation, das ist eine Stärke, die er damals und manche andere hatten.

Und das ist etwas, was heutzutage eigentlich alle Unternehmen unbedingt brauchen. Diese Antizipation, was rast da eigentlich gerade auf uns zu? Und das ist Pain and Pleasure.

Gleichzeitig wird es so sein, dass manche Dinge für manche Organisationen richtig bedrohlich werden. Also gerade in der Kreativbranche kann manches richtig bedrohlich werden, wobei nur zu einem gewissen Grad. Also ich habe gerade mein jüngstes Buch geschrieben.

Ich habe für die Recherche manchmal KI genutzt, aber ich merke zum Beispiel, wenn ich also ich habe keine Zeile des Buchs durch KI schreiben lassen, aber ich habe, als das Buch fertig war, als es jetzt so darum ging, vielleicht mal so einem Verlag zu vermitteln, worum es geht, wenn ich dann JGBT oder Gemini meine Texte gab und sagte, hey, fass das mal zusammen, wie würdest du das einem Verlag vermitteln, was ich ja gerade geschrieben habe. Ich merke das so oft, also es ist nicht wirklich gut kreativ.

Es kann Dinge gut zusammenfassen, aber manche Dinge kann es nicht. Kurzum, wenn wir sind abgeschwäffen, es wird manche Berufe geben, da wird es richtig schwierig. Wir sehen das ja in den USA, wo viele Einsteiger, White-Collar-Jobs jetzt schon einfach nicht besetzt werden und eine große Mutmaßung ist, es hat viel mit KI zu tun.

Das wird es geben und zugleich gibt es aber auch Chancen. Das klingt jetzt abgedroschen, aber es ist einfach so, man muss sich nur damit auseinandersetzen. Das allerletzte, was im Moment hilft, ist, den Kopf in den Sand zu stecken oder zu denken, das zieht an uns vorbei, das zieht nicht an uns vorbei.

Es ist eine unglaubliche Kraft, die da auf uns zurollt, die Fluch und Segen zugleich ist. Wir müssen uns damit auseinandersetzen, sehr, sehr explizit, noch mehr als mit der digitalen Transformation damals. Wie schaffe ich es, meine Mitarbeitenden in dieser Phase stabil zu halten?

Die Dinge, über die ich gesprochen habe. Verstehbarkeit, was machen wir hier? Dafür sorgen, dass sie sich in dieser Phase von Bedrohung oder Unsicherheit das Gefühl haben, mitzugestalten.

Großmaß an Verbundenheit. Es gibt noch ein paar andere Dinge, die wichtig sind. Beispielsweise dieser Aspekt von Würdigung, den sehe ich ganz oft.

Würdigung für das bisher Reichte, ganz oft wird einfach nur auf die Zukunft geschaut und dann gibt man den Mitarbeitenden so das Gefühl, Mensch, ihr gehört zum alten Eisen. Auch nicht gut. Das macht viel kaputt.

Im Grunde genommen sind es die gleichen Aspekte, nur das Ganze einfach auf Steroiden.

[Swantje Grossert]
Ich hatte gerade noch so den Gedanken von, es passiert ja oft bei Personen, dass sie dann gefühlt in so eine Starre verfallen und sagen, ich weiß gerade nicht vor und zurück. Ich weiß auch nicht, wo ich anfangen soll. Und vielleicht fehlt mir da auch diese Nervtigkeit.

Kann es auch sein, dass auch manche Unternehmen solche Starren verfallen?

[Sebastian Purps-Pardigol]
Also das, was du beschreibst, ich erkläre es immer gerne als drei verschiedene Gehirnzustände. Also ich sage, es gibt so eine neuronale Überregung. Die neuronale Überregung assoziiert man dann mit diesen drei Verhaltensmustern aus der Tierwelt.

Angeflucht, Starre. Dann hast du auch manchmal so tradierte Verhaltens- und Denkmuster, wo Menschen einfach nur limitierten Zugriff auf ihre höheren kognitiven Fähigkeiten haben. Und dann gibt es einen idealen Zustand, den nenne ich immer den Gießkannen-Zustand.

Warum? Weil das so ein Zustand ist, in dem Menschen richtig viel Zugriff haben auf ihre, auf ihren Präfrontalkortex. Und ich nenne ihn deswegen Gießkannen-Zustand, weil das so ein Zustand ist.

Da werden in unserem Gehirn bestimmte, ein Cocktail bestimmter Bodenstoffe ausgestüttet und die ergießen sich wie so eine Gießkanne, die kleine Pflänzchen gießt, ergießen die sich in einem Bereich direkt hinter unserer Stirn, der sogenannte Präfrontalkortex. Dort sind die höheren kognitiven Fähigkeiten, sowas wie vorausschauende Handlungsplanung, Impulskontrolle, Kreativität, die Fähigkeit Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden. Und worum es geht?

In der Essenz der Arbeit, wenn ich mit Unternehmen und Führungskräften arbeite, ist es, dass sie wissen, wie gelingt es mir, meine Mitarbeitenden in so einen Zustand zu bekommen, in so einen Zustand der Gießkanne. Und diese neuronale Übererregung ist ganz normal passiert. Du hast ja nicht die ganze Organisation, die da reinfällt.

Du wirst immer einzelne Protagonisten haben, die mit solchen Phasen gut umgehen können. Du wirst Leute haben, die finden das total geil, diese Veränderung. Es gibt Leute, die sehen das als eine Challenge an.

Die Sache, wenn ich als Führungskraft aber merke, oder wenn wir als Führungsteam merken, oh, wir  fallen in eine [Sebastian Purps-Pardigol]
Starre. Dann werden Sie gut damit beraten, sich selbst aus dieser Starre rauszuholen. Also indem Sie an sich arbeiten, mit sich arbeiten, sich einen Coach holen, vielleicht auch Dinge delegieren, wenn Sie merken, wir schaffen es hier allein nicht raus.

So wie die Otto Group damals, also die waren jetzt nicht in der Starre, aber sie haben gemerkt, wir kommen allein nicht raus. Also dann nochmal Ihre Mitarbeitenden mit einzubeziehen. Es ist, es muss nicht immer mein Job als oberste Führungskraft sein, mit allen Situationen gut klarzukommen.

Es gibt auch manchmal Phasen, da bin ich einfach limitiert. Auch das ist normal und menschlich. Ist zwar nicht ideal, aber wenn es vorkommt, ist es in Ordnung.

Das Ungünstigste, was ich dann machen könnte, ist, das, was du gerade beschrieben hast, in der Starre zu bleiben. Ich werde in meiner Organisation Menschen haben, die in der Lage sind, damit umzugehen und dann gebe ich das einfach in deren Hände und sage, okay, wir bauen jetzt mal ein KI-Team. Also man kann natürlich ein KI-Team bauen im Sinne von, wir bringen KI in die Organisation, aber ich würde auch ein KI-Team bauen im Sinne von, wir beschäftigen uns mal damit.

Was bedeutet eigentlich KI von uns? Also was für Risiken glauben wir werden auf uns zurollen und was für Möglichkeiten glauben wir, die wir haben? Natürlich kann man auf einer operativen Ebene KI integrieren und es wird viele wunderbare Vorteile haben, weil es ganz viele Prozesse tatsächlich auch vereinfacht.

Aber es wäre ein Fehler, nur auf dieser operativen Ebene zu bleiben, dass man sagt, wir vereinfachen jetzt hier, Mails werden schneller beantwortet oder unser Callcenter wird besser unterstützt. Das kann man machen, nur man braucht die Meta-Ebene. Und die Meta-Ebene ist die, wo sind die Risiken, wo sind die Chancen und wie gehen wir damit um?

Was ist unsere Strategie mit dem, was KI für uns bedeuten kann umzugehen, um zu überleben?

[Swantje Grossert]
Und genau, das Überleben dahinter steht ja irgendwie auch eine große Gefahr. Nämlich, dass man dramatisch formuliert eben nicht überlebt. Wo siehst du denn die größten Gefahren, wenn jetzt zum Beispiel KI implementiert wird, aber eben diese Basis einfach nicht da ist, der Kultur im Unternehmen?

[Sebastian Purps-Pardigol]
Was meinst du mit die Basis? Also du kannst ja KI integrieren, ohne dass eine Basis da ist. Die Frage ist immer, wo integrierst du?

Also diese Frage kann man gar nicht so beantworten, weil du kannst ja KI an jeder Stelle. Und es ist wirklich komplett abhängig davon, wie tief ich es integriere, ob ich es mache, um Mitarbeitende zu unterstützen, ob ich es mache, um Mitarbeitende… Ich war total baff.

Ein Nachbar von mir arbeitet bei einem sehr großen Versicherungsunternehmen. Die haben eigene KI-Agenten und die haben Personalnummern. Die KI-Agenten?

Ja, die haben Personalnummern. Und keine Namen? Ich weiß gar nicht, ob sie Namen haben.

Aber er sagte, du merkst es nicht. Meistens sind das welche, die arbeiten im IT-Bereich. Und er sagte, du merkst es nicht, wenn du mit denen telefonierst oder wenn du mit denen schreibst.

Die sind so perfekt. Die sind einfach Roboter sozusagen.

[Swantje Grossert]
Wahnsinn.

[Sebastian Purps-Pardigol]
Von daher wäre es vermessen, wenn ich jetzt aus so einer Vogelperspektive sage, wo sind die Risiken? Die Risiken sind extrem individuell. Aber natürlich ist das Risiko für mich als Mitarbeitende, dass ich vielleicht ersetzt werde.

Und deswegen wäre ich als Mitarbeitender gut damit beraten, mich ganz früh damit auseinanderzusetzen, wie kann ich KI nutzen, damit es nicht zur Gefahr wird, sondern vielleicht zu etwas, was ich nutzen kann. Es entstehen unglaublich viele neue Jobs, die anders sind als zuvor, wenn ich beginne, KI zu nutzen. Die große Gefahr, und das ist unabhängig von KI, die große Gefahr ist, dass die Mitarbeitenden in den Widerstand gehen, wenn ich das, was ich mache, in der Organisation nicht gut kommuniziere und die Leute nicht abhole.

Spannend ist übrigens die Frage, hatten wir auch diskutiert, haben diese KI-Agenten mit Mitarbeitern Nummer, können die dem Betriebsrat beitreten? Wussten wir nicht, aber können uns nicht beantworten.

[Swantje Grossert]
Gute Frage. Ich könnte ja den KI-Agenten dann mal fragen. Wunderbar.

Cool. Wenn du jetzt mal fünf Jahre vorausschaust, wie würdest du dir wünschen, dass dann die Arbeit, wie dann die Arbeitswelt aussieht?

[Sebastian Purps-Pardigol]
Das ist echt schwer zu sagen. Wenn man KI ausklammern könnte, wäre das einfacher, aber es ist wirklich unpredictable. Also was ich mir für viele Menschen wünschen würde, ist, dass so stupide, eintönige Jobs einfach weniger von Menschen und mehr von der KI gemacht würden.

Was ich mir wünschen würde, ist, dass die Menschen, deren Job dann ersetzt werden würde, dass die einen Weg finden, KI zu nutzen, um andere, vielleicht erfüllendere, bereicherndere Jobs auszufüllen. Was ich mir wünschen würde, ist, dass das grundsätzliche Unternehmenskulturen entstehen, die sehr menschenzugewandt sind. Das erlebe ich in all den Jahren, die ich das schon mache, dass die Unternehmen, die besonders menschenzugewandte Unternehmenskulturen haben, besonders gut dastehen.

Also die Mitarbeiter, die sind unterdurchschnittlich oft krank, die sind unterdurchschnittlich selten, verlassen sie das Unternehmen. Und diese Unternehmen sind sehr oft besser dargestellt oder stehen besser da als der Wettbewerb. Mehr solcher Unternehmen würde ich mir wünschen.

Und was es dafür braucht, sind Führungskräfte, die sowas vorantreiben wollen. Und was es dafür braucht, sind Führungskräfte, die zum einen in langen Atem dafür haben, denn sowas kostet Zeit. Und die aber auch verstehen, dass es einen Mehrwert hat, so eine Kultur zu kultivieren.

Was aber auch dazu gehört, und das habe ich immer wieder erlebt, ist, dass gerade Menschen im mittleren Management, und bei Kulturwandelprozessen hast du das Top-Management, für die ist es einfach, je weiter du oben in der Hierarchie bist, desto größer ist deine Change-Flexibilität. Das ist ja wie ein Schachspiel manchmal. Ganz unten freuen sich die Menschen in Kulturwandelprozessen, dass sie sich plötzlich mehr einbringen können.

Und das mittlere Management stellt sich oft die Frage, wozu sind wir eigentlich da. Und was es da braucht, sind sowas wie Persönlichkeitsentwicklungsprozesse. Das erlebe ich ganz oft, dass Führungskräfte Entwicklungsarbeit nicht zu Beginn, wenn du gerade eine junge Führungskräfte bist, aber wenn du schon ein bisschen dabei bist, ist Führungskräfteentwicklungsarbeit eigentlich immer mehr Persönlichkeitsentwicklungsarbeit.

Ich mache das nicht mehr oft, weil ich mehr die offenen Trainings mache, wo Menschen ihre Mitarbeitenden in die Heide schicken und wir machen da Kulturwandel-Trainings oder Resilienz-Trainings. Aber so wenige Male pro Jahr begleite ich auch noch Unternehmen so hinaus und meistens holen die mich für genau solche Prozesse, dass sie sagen, könntest du mit unseren Führungskräften arbeiten, auf eine Art und Weise, dass das Führungskräfte sind, noch mehr werden, mit denen die Mitarbeitenden in Beziehungen gehen können. Es gibt diese schöne Aussage, people join companies and they leave bosses.

Also du gehst zu der Firma und verlässt sie, weil dein Chef scheiße ist. Und das kann man sich immer weniger leisten. Und das ist in solchen Kulturwandelprozessen ein immer wichtiger, wichtig werdender Prozess, dass gerade dieses mittlere Management an sich arbeitet.

Zum einen, um die Mitarbeitenden gut zu erhalten, aber zum anderen auch, um mit dieser Situation klar zu kommen. Weil ein Kulturwandelprozess, wenn ich zum Beispiel diesen Aspekt von Mitgestaltung, wenn ich den wirklich ermögliche, bedeutet das ja zugleich, dass ich als Führungskraft einen Teil meiner in Anführungszeichen Macht aufgebe. Ich bin ja nicht mehr der, der die ganzen Entscheidungen trifft, sondern ich lasse die Mitarbeitenden mitgestalten.

Und das bedeutet, dass ich an 10, 20 Prozent der Führungskräfte könnte. Für den Rest ist das wirklich ein Prozess, damit klar zu kommen, dass sie plötzlich eine andere Rolle haben. Und diese eigene Rollenfindung, dass man eher jemand, sowas wie ein Coach wird, ein Begleiter für seine Mitarbeitenden.

Das ist ein intensiver Prozess und das Coole daran ist, aber du hast auf einer persönlichen Ebene viel, viel coolere Führungskräfte im Laufe der Zeit, die sich nicht mehr so hinter ihrer Rüstung verstecken von meiner Sekretärin, meinem Dienstwagen, meiner Budgetverantwortung, sondern sie werden menschlicher relatable. Also man kann mehr mit ihnen in Beziehung gehen.

[Swantje Grossert]
Und gleichzeitig kann ich mir vorstellen, dass es auch für manche Mitarbeitende auf einmal so eine, ja vielleicht auch so eine Herausforderung ist, gefragt zu sein, eigene Ideen mit einbringen zu können.

[Sebastian Purps-Pardigol]
Wichtiger Punkt, genau. Also du kannst nicht davon ausgehen, dass es alle wollen. Du kannst davon ausgehen, wenn du so einen Prozess beginnst, hast du zu Beginn 15 bis 20 Prozent, die sagen, cool, die bringen sich richtig an.

Dann hast du so 70 Prozent, die sagen, hier wird die nächste Sau durchs Dorf getrieben. Die ziehen den Kopf ein und gucken, was passiert. Die kriegst du aber im Laufe der Zeit zum Großteil konvertiert oder begeistert dafür, weil sie merken, okay, das ist ja ein echter Prozess hier.

Das ist nicht die nächste Sau, die durchs Dorf getrieben wird, sondern ich kann mich ja hier wirklich einbringen. Da sind wir wieder bei der Kommunikation, dass man sieht, hier ist das erste Projekt und da ist was und da ist was. Wo das funktioniert hat bei meinen Kolleginnen und Kollegen, dann traue ich mich, mich da auch mal mit einzubringen.

Du wirst immer 10 Prozent haben, die haben da keinen Bock zu. Die gehen entweder aktiv in Widerstand, weil sie alles doof finden oder es gibt auch Leute, muss man ganz ehrlich sein, die haben einfach Bock auf einen 9-to-5-Job und das ist in Ordnung. Die haben vielleicht ein Hobby, was sie total vereint haben, die haben vielleicht eine Familie, die unglaublich viel Zeit und Energie braucht und die haben einfach keinen Bock, bei der Arbeit jetzt noch groß einzubringen in die Zukunft des Unternehmens und die sagen, gib mir meine 15 Dokumente, die ich bis heute Nachmittag um halb fünf durchgearbeitet haben soll.

Das ist in Ordnung, die wirst du immer haben und dir musst du einfach Jobs geben, mit denen sie glücklich sind und die den Mehrwert schaffen.

[Swantje Grossert]
Das ist ja auch nach wie vor wichtig und wahrscheinlich auch was, was noch gebraucht wird und nicht verloren geht. Ich bin super happy bisher mit dem Austausch. Ich habe super viel mitgenommen, ganz viele Grundlagen, vor allem ist mir Verbundenheit, Sinnhaftigkeit und Mitgestaltung hängen geblieben, was schon lange wichtig ist und umso wichtiger wird scheinbar.

Hast du denn noch Punkte, die du unseren Hörerinnen und Hörern mitgeben möchtest, wenn es um Kulturwandel geht, Veränderungsprozesse, speziell vielleicht auch im Hinblick auf KI, die jetzt immer mehr Einzug findet?

[Sebastian Purps-Pardigol]
Der Aspekt, der einfach wichtig ist, in den letzten Jahren haben wir sehr viel auf die Organisationen geschaut, haben geschaut, was brauchen die Menschen an die Hand, um in der Organisation das voranzutreiben. Was zunehmend zu einem Thema wird, ist die Frage der eigenen inneren Stabilität. Also die Frage ist, wie schaffe ich es, in solchen Phasen innerlich stabil und gesund zu bleiben.

Ich sehe das seit einigen Jahren schon in Unternehmen, dass Menschen öfter erkranken, öfter kleine Infekte haben, die bleiben länger als früher und kommen öfter. Das nervt, dass sie merken, sie sind vielleicht nicht mehr emotional oder psychisch so resilient, wie sie mal waren. Wir sind aber wirklich in einer offenen Zeit.

Und damit habe ich mich dann ja begonnen, mehr zu beschäftigen mit dieser Frage, wie schaffen wir es eigentlich körperlich, psychisch, emotional, stabil und gesund zu bleiben. Und früher dachte man ja immer, um beruflich erfolgreich zu sein, muss man richtig Gas geben, muss die richtigen Netzwerke haben, vielleicht noch ein Quäntchen Glück. Aber all das bringt dir nichts, wenn deine Gesundheit kippt.

Und diesen Aspekt gebe ich den Teilnehmenden auch der Kulturwandel-Tools-Trainings teilweise immer mehr mit, dass ich ihnen da was an die Hand gebe, dass sie das hinbekommen. Also entweder stabil und gesund zu bleiben, wenn sie es sind, oder aber wenn sie merken, es gibt schon leicht, ihnen etwas an die Hand zu geben, damit sie wieder stabiler und gesünder werden.

[Swantje Grossert]
Und dafür kann jeder selbst sorgen, nehme ich an, aber auch die Unternehmen können natürlich einen Beitrag dazu leisten.

[Sebastian Purps-Pardigol]
Genau, das machen sie ja teilweise schon mit betrieblichem Gesundheitsmanagement, mit Programmen, die sie gesund halten. Aber am Ende des Tages ist Gesundheit meine eigene Verantwortung. Das kannst du nicht abgeben.

Das hat der eiserne Kanzler Otto von Bismarck, der hatte ja in den 1880er Jahren, war der schon total angeschlagen, hatte Arthritis, Gicht, Entzündung, war völlig im Arsch. Und was hat er gemacht? Lifestyle-Change.

Weniger getrunken, regelmäßiger geschlafen, hat seine Ernährung geändert und wurde wieder richtig fit. Wurde dann vom Kranken zum eisernen Kanzler. Und der konnte das auch nicht delegieren, er hat das selbst gemacht.

Also unsere Gesundheit liegt in unserer Verantwortung. Wir können das nicht delegieren und sagen, jemand anders kümmert sich darum. Also ich kann mir Impulse von woanders holen, aber am Ende des Tages muss ich verstehen, dass ich was dafür tun muss.

Und wenn meine Firma mir das anbietet, ist das wunderbar, nur ich muss das Angebot annehmen. Und genau dafür habe ich ein neues Buch geschrieben, das Ende des Jahres erscheint, was sich genau mit dieser Frage beschäftigt. Was sind die Säulen der Gesundheit, die uns stabil und resilient halten?

[Swantje Grossert]
Ja, da bin ich natürlich neugierig. Einmal auf das Buch, aber dann möchte ich auch noch eine ganz persönliche Frage stellen. Was ist denn für dich das, was du für deine Gesundheit tust, damit du fit und fidel bleibst?

[Sebastian Purps-Pardigol]
Oh, viele Dinge. Also Klassiker natürlich Sport regelmäßig. Joggen, Biken, Battle-Tennis.

So gut wie möglich mich gesund zu ernähren. Und so eine Mischung zwischen regelmäßigen Atemübungen und Meditationen, so für den Kopf und fürs Gehirn. Das sind so die Hauptfaktoren.

Plus natürlich zu gucken, dass ich ein gesundes soziales Umfeld habe, in dem ich mich umgehe und die Menschen, die mir nicht gut taten, einfach aus dem Kontakt ausgenommen habe.

[Swantje Grossert]
Superspannend. Dann bin ich gespannt, ob wir uns demnächst mal auf dem Fahrrad in Hannover hier irgendwo begegnen. Und dann bin ich echt Ende des Jahres gespannt auf dein Buch.

[Sebastian Purps-Pardigol]
Gerne.

[Swantje Grossert]
Und ich danke dir für die Zeit.

[Sebastian Purps-Pardigol]
Hat mir Spaß gemacht.

[Swantje Grossert]
Mir auch. Danke dir.

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