Mere-Exposure-Effekt

Warum durch wiederholte Wahrnehmung von Reizen eine positive Bewertung entsteht ...

Text: Philip Schriever 

Die Funktionsweise des Mere-Exposure-Effekts ist relativ leicht zu erklären:
Wird man einer bestimmten Sache, einem visuellen oder akustischen Reiz, aber auch einer Person, Stimme oder Marke wiederholt ausgesetzt, entwickelt man mit der Zeit eine positive Bewertung, obwohl die Beurteilung ursprünglich neutral ausfiel. 
 

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Der Mere-Exposure-Effekt

Wie unser Gehirn durch die wiederholte Wahrnehmung von Reizen eine positive Bewertung entwickelt.

Jeder, der regelmäßig Radio hört, hat es sicherlich schon einmal erlebt: Ein bislang unbekanntes Lied einer Newcomer-Band taucht auf und auch wenn man es beim ersten oder zweiten Mal gar nicht bewusst wahrnimmt, hat man plötzlich das Gefühl, dass es ständig gespielt wird. Und ohne, dass man es merkt, fängt man schließlich an, mitzusummen oder im Takt auf das Lenkrad zu klopfen. Irgendwie hat es sich eingebrannt und komischerweise beginnt man, das Lied zu mögen.

Was dabei geschieht, nennt man in der Psychologie den Mere-Exposure-Effekt und der wird unter anderem von Plattenlabels auf diesem Weg eingesetzt, um Ohrwürmer zu produzieren.

Mere Exposure Effekt

Das Beispiel des neuen Liedes ist nur eines, in dem der Effekt eingesetzt wird, um etwas zu vermarkten. Auch das Product-Placement in Filmen, Serien oder Computerspielen funktioniert nach diesem Prinzip. Selbst, wenn keine offensichtliche Werbebotschaft mit dem Placement verbunden ist, wird es vom Publikum wahrgenommen.

Und auch wenn diese Wahrnehmung unbewusst geschieht, sorgt die wiederholte Präsenz dafür, dass man ein Gefühl der Vertrautheit entwickelt, welches sich positiv auf die Bewertung auswirkt. 

Auch im Online-Geschäft lässt sich dieser Effekt nutzen. Ein Beispiel dafür sind verschiedene Formen des Content Marketings, in denen Personen, Themen oder Leistungen wiederholt und unterschwellig erwähnt werden und der Rezipient eine positive Grundhaltung dazu aufbaut.

Ein weiteres Beispiel findet sich in der Bezeichnung vieler Online-Marken. Sie setzen auf den Effekt, dass ihr Name vertraut wirkt und darum positiv bewertet wird, weil man bestimmte Bestandteile der Bezeichnung bereits gewohnt ist (zum Beispiel der Zusatz „24“ oder Präfixe wie „my“ oder „you“ bei vielen Online-Marken).

Wissenschaftliche Evidenz

Der Aufbau und die Ergebnisse

Erstmalig nachgewiesen wurde der Effekt durch Robert Zajonc (1968).

In einem Experiment präsentierte er zwei Gruppen von Versuchspersonen fiktive chinesische Schriftzeichen, wobei einer der Gruppen bestimmte Zeichen mehrfach gezeigt wurden. Anschließend sollten die Probanden auf einer Skala einschätzen, ob diese Zeichen eine positive oder eine negative Bedeutung haben. Die Gruppe, die die Zeichen wiederholt gesehen hatte, schrieb ihnen eine signifikant positivere Bedeutung zu als die Gruppe, die nur einmal Kontakt zu ihnen hatte. Auch in Bezug auf Werbewirkung wurde der Effekt mehrfach nachgewiesen. 

Ein Beispiel ist eine (Studie von Blüher & Pahl (2015). Hier wurden mehreren Gruppen von Versuchspersonen unter einem Vorwand Bilder von internationalen Sehenswürdigkeiten gezeigt. Bei einigen Gruppen waren im Hintergrund Plakate einer fiktiven Bonbon-Marke in zwei verschiedenen Geschmacksrichtungen zu sehen. Im Anschluss wurden den Teilnehmern als Dankeschön für die Teilnahme diese Bonbons als Geschenk angeboten. Probanden, die keine Werbe-Plakate oder Plakate eines Zitronenbonbons gesehen hatten, wählten vermehrt diese Geschmacksrichtung. Die Versuchspersonen, denen wiederholt Werbung für Pfefferminz-Bonbos „untergejubelt“ wurde, entschieden sich mehrheitlich dafür.

Die Erklärung für diesen Effekt ist einleuchtend:

Wird das Gehirn wiederholt dem gleichen Stimulus ausgesetzt, fällt ihm die Verarbeitung leichter. Dies nützt dem Menschen, um schnell zwischen sicheren und gefährlichen Objekten zu unterscheiden. Insofern ist der Effekt sogar evolutionspsychologisch begründet. Die leichte Verarbeitung und die Anknüpfung an bestehende Erfahrungen führen zu einer positiven Grundbewertung. Bei diesem Prozess entsteht Vertrauen und wandelt die eigentlich neutrale Erinnerung mit der Zeit zu einer positiven Konnotation.

Die Ergebnisse
zum Mitnehmen

1. Der Mere-Exposure-Effekt funktioniert unbewusst.

Der Effekt betrifft das „implizite Gedächtnis“ des Menschen. Das heißt, dass er insbesondere dann eintritt, wenn der Kontakt mit dem Reiz unbewusst und wiederholt stattfindet. Das bedeutet, dass man seine Botschaft nicht zu offensichtlich platzieren sollte und Zeit braucht, bis der Effekt eintritt.

2. Der Mere-Exposure-Effekt funktioniert nur, wenn der erste Kontakt neutral besetzt war.

Der Mere-Exposure-Effekt funktioniert nur, wenn der erste Kontakt neutral besetzt war: Entsteht bei der ersten Auseinandersetzung mit einem Reiz bereits eine bestimmte Wertung, so lässt sich der Mere-Exposure-Effekt nicht nachweisen. Unabhängig, ob die Bewertung positiv oder negativ ausfällt, „überschattet“ der erste Eindruck den Effekt. In diesen Fällen führt die wiederholte Frequenz des Kontakts allein auch nicht zu einer Verstärkung oder Umkehrung der Wertung.

3. Der Mere-Exposure-Effekt kann auch übertragen werden.

Der Mere-Exposure-Effekt kann auch übertragen werden: Der Effekt äußert sich dadurch, dass Bekanntes positiv bewertet wird. Nicht selten nutzen Markteinsteiger diesen Effekt und lehnen zum Beispiel Designelemente wie Farbkombinationen oder ihre Corporate Language an vertraute Marken an. Welche Möglichkeiten es in ihrer Organisation gibt, um den Mere-Exposure-Effekt zu nutzen, klären wir gerne mit Ihnen direkt. Sprechen Sie uns einfach an. 

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Autor

Philip Schriever hat digit.ly im Jahr 2001 mitgegründet. Er ist gelernter Mediengestalter, studierter Medienmanager und systemischer Berater. Sein Fokus liegt bei den Menschen: er fordert und fördert mit seinem Herzblut und seiner hohen Anspruchshaltung Kund:innen und Mitarbeitende bei digit.ly. Dies schafft er nicht zuletzt mit Hilfe seines speziellen Sinnes für Humor.

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